Scharfrichter in historische Zeitungen

Bozner Zeitung 5 Decmber 1882
Bozner Zeitung 5 December 1882

Heute vor 132 Jahren wurde in Steinamanger (Szombatheyl, Westungarn) die Giftmörderin Anna Nagy hingerichtet. Wie die Bozner Zeitung vom 05.12.1882 berichtet, war sie zum Tode verurteilt worden, weil sie „ihren eigenen Gatten getödtet und eingestandenermaßen sechs andere Männer auf Wunsch von deren Frauen aus dem Leben befördert“ hat. Die Anklage lautete sogar auf insgesamt 26 Giftmorde.

Lienzer Zeitung, 14 April 1892,
Lienzer Zeitung, 14 April 1892,

Die Hinrichtung wurde vom damaligen ungarischen Scharfrichter Franz Kozarek ausgeführt. Über ihn schreibt die Lienzer Zeitung am 14.04.1894 anlässlich seines Todes: „Als Kozarek i. J. 1876 das Henkeramt mit der dazugehörigen Wasenmeisterei übernahm, da hatte er bereits eine „thatenreiche“ Vergangenheit als Henkersgehilfe hinter sich (…). Seit er selbständig geworden, führte er an die 80 Hinrichtungen aus“. Als Wasenmeister, Abdecker oder Schinder bezeichnete man Personen, die mit der Beseitigung und Verwertung von Tierkadavern beschäftigt waren. Der Beruf des Wasenmeisters wurde oft gemeinsam mit dem des Scharfrichters ausgeführt und hatte ein ähnlich schlechtes Ansehen. Beide Handwerke wurden für gewöhnlich vom Vater an den Sohn weitergegeben und auch geheiratet wurde nur untereinander.

 

Bozner Nachrichten, 1 December 1894,
Bozner Nachrichten, 1 December 1894,

In der K. K. Monarchie war der Scharfrichter beamtet und seine Besoldung gesetzlich genau geregelt. War eine Scharfrichterstelle neu zu besetzen, wurden in den Tageszeitungen regelrechte Stellenausschreibungen veröffentlicht, wie beispielsweise in den Bozner Nachrichten vom 01.12.1894, als die Stelle des Scharfrichters im k.k. Oberlandesgericht Wien neu zu besetzen war. Neben dem fixen Gehalt wird dem Scharfrichter eine „Aktivitätszulage“, freies Quartier oder eine Quartiergeldentschädigung, ein jährlicher Beitrag zur Haltung von zwei Gehilfen und eine Reisekostenvergütung im Falle von Einsätzen in anderen Sprengeln zugestanden. Die großzügige Vergütung sollte den Anwärter für das geringe berufliche und soziale Ansehen entschädigen.

 

Bozner Nachrichten, 2 February 1897,
Bozner Nachrichten, 2 February 1897,

Über den sozialen Status des Berufsstandes erfahren wir nähere Einzelheiten in einem Artikel über den Pariser Scharfrichter Deibler in den Bozner Nachrichten vom 02.02.1897. Der Beitrag erschien unter dem Titel „Auch ein Jubiläum, das nicht gefeiert wurde“, anlässlich der 500. Hinrichtung, die von Deibler durchgeführt wurde. Auf Grund der sich häufenden Hinrichtungen und der ausführlichen Berichterstattung über die Kunstfertigkeit des Herrn Deibler in den Medien, „kam dieser gar zu sehr an die Öffentlichkeit. Nun wollte kein Eigenthümer mehr den Scharfrichter in sein Haus aufnehmen“. Die vielen Hinrichtungen brachten ihm jedoch auch entsprechenden Wohlstand und so konnte er es sich leisten, selbst „ein hübsches Häuschen in der Pariser Außenstadt Billancourt“ anzuschaffen. Besuch erhielt er dort jedoch kaum und selbst in amtlichen Kreisen wurde der Kontakt zu ihm vermieden. Die soziale Ächtung eines Scharfrichters ging so weit, dass selbst dessen Söhne und Töchter keine beruflichen oder sozialen Aufstiegschancen hatten. So wird über Deibler berichtet: „Er ist mit der Tochter seines Vorgängers verheiratet, dessen Gehilfe er gewesen war, und seine Tochter wird wohl seinen Nachfolger heirathen“. Der Bericht schließt mit einem Kommentar, wie in Frankreich von amtlicher Seite versucht wurde, dem schlechten Ansehen der Scharfrichter entgegenzuwirken: „Der Konvent schaffte auch durch Gesetz die Bezeichnung Scharfrichter (Bourreau) ab, für den (…) der Titel „Nationalrächer“ (vengeur national) eingeführt wurde. Aber dies hat nichts geholfen“.

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